San Salvador. Mehr als ein Jahr nach der Einführung der Kryptowährung Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel in El Salvador mehren sich kritische Stimmen.
Volkswirte möchten das entsprechende Gesetz abschaffen und laut einer Studie der Universität Zentralamerikas (UCA) sieht eine Bevölkerungsmehrheit von 77 Prozent darin einen massiven Misserfolg.
Die Regierung des zentralamerikanischen Landes hingegen verspricht positive Resultate für die Zukunft durch mehr Auslandsinvestitionen. Dementsprechend fördert die Regierung die Nutzung des Bitcoin im In-und Ausland durch ein "Bitcoin-Büro" in der Schweiz.
Die Kritik an der Einführung des Bitcoins als Landeswährung begründet sich vor allem durch dessen Preisvolatilität und die geringe Akzeptanz in der Bevölkerung sowie die Verschwiegenheit der Regierung über eine Erfolgseinschätzung des Projekts. Denn seit der Einführung im Juni 2021 fiel der Kurs der Kryptowährung um 50 Prozent. Dies bringt El Salvador in Schwierigkeiten, seine Auslandsschulden zu bedienen. Zugleich steht dadurch die Kreditbewertung des Landes unter Druck. Im Juni entwerteten die Ratingagenturen S&P und Moody’s das Land auf ihren eigenen Skalen mit weiterhin negativer Tendenz.
Wegen der geringen Akzeptanz steht der Staat in der Kritik, da er zu Beginn plante, die Bevölkerung in der Nutzung der Kryptowährung unterrichten zu wollen, dies aber nicht ausreichend tat. Zudem sollte der einfache Wechsel zwischen den offiziellen Währungen Bitcoin und US-Dollar durch das Aufstellen hunderter Bitcoin-Geldautomaten ermöglicht werden. Weiterhin wollte der Staat die Kontennutzung durch Schenkungen von Bitcoin im Wert von 30 US-Dollar für diejenigen fördern, die ein Konto auf der Plattform "Chivo" eröffneten, der offiziellen Krypto-Wallet des Landes zur Aufbewahrung der virtuellen Währung.
Aus volkswirtschaftlicher Sicht lag der Gedanke hinter der Einführung vor einem Jahr darin, ausländische Investitionen anzuziehen sowie den Tourismus anzukurbeln und die heimische Wirtschaft vor Währungsinflationen zu schützen.
Zu dieser Strategie gehört unter anderem der von der Regierung unter Präsident Nayib Bukele geplante Bau einer Bitcoin-Stadt (amerika21 berichtete). Außerdem hätte sie den Salvadorianern im Ausland einfachere Geldsendungen in ihre Heimat ermöglichen sowie zur finanziellen Integration derjenigen Bürger beitragen sollen, die keinen Zugang zu herkömmlichen Bankkonten haben.
Zu der Erfolgsbilanz all dieser Maßnahmen hält sich die Regierung jedoch sowohl auf der Seite der Ministerien als auch auf dem von Bukele häufig genutzten Mikroblogging-Dienst Twitter bedeckt. Dies erschwert eine Einschätzung. Einzig sicher ist, dass die vorgesehene Ausschüttung von Staatsanleihen in Bitcoin auf Ende des Jahres verschoben wurde.
Eine Studie vom Juli dieses Jahres zeichnet ein eher negatives Bild. Demnach nutzen nur 20 Prozent der Bevölkerung nach Einlösen des 30-US-Dollar-Bonus die "Chivo"-Wallet regelmäßig. Auch steht ein üblicher Anstieg der Wirtschaftskraft des Landes um einen Wert von 2,3 Prozent für 2022 in Aussicht. Ein größerer Einfluss der Kryptowährung zur Anziehung ausländischer Investitionen lässt sich laut der Studie also nicht feststellen.
El Salvadors Regierung unterzeichnete indes am vergangenen Freitag eine Absichtserklärung mit der Schweizer Stadt Lugano, um die Verbreitung des Bitcoin auf dem europäischen Kontinent zu fördern. Dafür hat El Salvador auch ein "Bitcoin-Büro" in Lugano eröffnet.
Die Regierung verteidigt die Einführung des Bitcoin als offizielle Währung gegenüber Kritikern. Finanzminister Alejandro Zelaya äußerte, dass Ergebnisse nicht "von heute auf morgen" zu erwarten seien. Präsident Bukele wies darauf hin, dass die Wiederherstellung der Tourismuswirtschaft zum Teil dem Bitcoin geschuldet sei.
Author: Anna Park
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