Credit-Suisse-Starbanker Michael Klein: Die umstrittenen Geschäfte des Wall-Street-Profis
Die Grossbank kauft dem designierten Chef der CS First Boston zum Antritt seine Beratungsboutique ab – die Kritik an dem Deal kam postwendend. Es ist nicht das erste Mal, dass Klein Interessenkonflikte vorgeworfen werden.
Das Video ist 74 Sekunden lang und lässt erahnen, wie Michael Klein zu einem der erfolgreichsten Investmentbanker der Welt geworden ist. Es ist eine Lobeshymne auf Mohammed bin Salman, der zum Zeitpunkt der Aufnahme im Oktober 2017 erst vor kurzem zum Kronprinzen Saudiarabiens aufgestiegen ist.
Ruhig und doch eindringlich erklärt Klein, es gebe weltweit «kein besseres Beispiel» für wirtschaftliche Leadership als das Königreich Saudiarabien. «Kronprinz Mohammed bin Salman ist dabei, die wahrscheinlich grösste Renaissance einzuleiten, die wir je gesehen haben, nicht nur in einem Unternehmen oder einem Land oder einer Region.» Das «von phantastischen Ministern und der Bevölkerung» unterstützte Engagement des Monarchen komme dem Land, der Region und der Welt zugute, schliesst Klein.
Aufgenommen wurden die Aussagen Kleins am Rande der Future Investment Initiative Conference in Riad, auch bekannt als «Davos in the Desert». Eine Klein nahestehende Person betont, dass er die Aussagen ein ganzes Jahr vor der Meldung über die Ermordung des saudiarabischen Regimekritikers Jamal Khashoggi gemacht habe, als der Optimismus über bin Salmans Reformprojekte überall gross gewesen sei.
Unabhängig davon geben die Aussagen im Video Einblick in die Netzwerkerqualitäten des 59-Jährigen, die ihn seit Jahrzehnten zuverlässig als Akteur ins Zentrum von riesigen Fusionen, Firmenübernahmen und Börsengängen katapultieren.
Riecher für lukrative Geschäfte
Klein verkehrt auf Augenhöhe mit Persönlichkeiten von Tony Blair bis Warren Buffett. Während seiner 23 Jahre als Investmentbanker bei der amerikanischen Citigroup baute er auch einen engen Draht zum saudischen Milliardärsprinzen und Citigroup-Aktionär al-Walid bin Talal auf.
Mit Mohammed bin Salman, kurz MBS, hat sich der Amerikaner bestens arrangiert: Klein war in den Börsengang des saudischen Ölkonzerns Saudi Aramco involviert, beriet bin Salmans Staatsfonds bei der Konzeption eines 40-Milliarden-Investmentvehikels mit Blackstone und gewann ihn als Investor für verschiedene Projekte – darunter mutmasslich auch die Beteiligung der Saudi National Bank an der Kapitalerhöhung der Credit Suisse vergangenen Herbst.
Erst diesen Januar wurde bekannt, dass Kleins Beratungsboutique M Klein & Company den vom saudischen Staatsfonds kontrollierten Bergbaukonzern Ma’aden bei einer Partnerschaft mit dem amerikanischen Unternehmen Ivanhoe Electric beraten hatte.
Sein Riecher für lukrative Deals hat die Credit-Suisse-Führung dazu bewogen, den bisherigen Verwaltungsrat Klein zum wahrscheinlich bestbezahlten Mitarbeiter der Grossbank zu machen.
Mit Michael Kleins Hilfe soll die Credit Suisse wieder auf den Erfolgsweg zurückfinden
Kurs der Credit-Suisse-Aktie, in Franken
Akquisition von M Klein & Company: «Furchtbarer Deal»
Parallel zur Ernennung zum CEO der künftig eigenständigen Investmentbank CS First Boston kauft die Grossbank dem Amerikaner die 2010 gegründete M Klein & Company mit 40 Mitarbeitern für 175 Millionen Dollar ab. 75 Millionen Dollar erhält Klein in Form von Cash, weitere 100 Millionen in Form einer Wandelanleihe, die im Fall eines Börsengangs in Aktien der neu ausgegliederten CS First Boston umgewandelt wird. Dazu kommen Zinszahlungen auf der Anleihe. Dass sich Klein seinen Antritt von der CS vergolden lässt, hat Kritik hervorgerufen.
In einem Kommentar schrieb die «Financial Times» diese Woche: «Der Deal sieht furchtbar aus.» Der Hintergrund: Klein selbst war vergangenes Jahr als Verwaltungsrat in den bankinternen Ausschuss involviert, der die künftige Ausrichtung des Investmentbank-Geschäfts der CS in die Wege leitete.
Die Grossbank betont zwar, Klein sei beim Entscheid für die Ausgliederung der CS First Boston in den Ausstand getreten und mittlerweile aus dem Verwaltungsrat zurückgetreten.
Doch auch wenn juristisch alles sauber gelaufen ist, bleibt ein schaler Nachgeschmack, zumal auch Michael Kleins Bruder Mark von dem Deal profitieren dürfte: Er könnte laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg als Führungskraft in die künftige CS First Boston eintreten. In einer Kurzbiografie auf der Website von Surocapital, einer von ihm geführten Investmentgesellschaft, bezeichnet sich Mark Klein als «majority partner», als Mehrheitspartner, bei M Klein & Company, wobei es in CS-Kreisen heisst, dass nicht Mark, sondern Michael Klein der Besitzer des Investmentgeschäfts der M Klein & Company sei.
Eine Credit-Suisse-Sprecherin lehnt auf Anfrage eine Stellungnahme zur Kritik am Deal ab und verweist auf frühere Aussagen der Bank.
Michael Klein war einer der aktivsten Spac-Initiatoren
Michael Klein, das zeigt jedenfalls ein Blick in die jüngere Vergangenheit, ist nicht das erste Mal mit dem Vorwurf von Interessenkonflikten konfrontiert.
Zwischen 2018 und 2021, auf dem Höhepunkt der Tiefzins-Ära, war er mit seiner Beratungsboutique einer der umtriebigsten Initiatoren von sogenannten Spac-Deals und gründete mehr als ein halbes Dutzend solcher Vehikel – unter anderem auch mit Sam Altman, dem Chef von Open AI und Betreiber des AI-Chatbots Chat-GPT.
Bei Spac-Geschäften sammeln Finanzprofis Investorengelder für eine leere Mantelgesellschaft (special acquisition company), die keine eigene Geschäftstätigkeit hat, ein und bringen diese an die Börse. Danach haben sie meist zwei Jahre Zeit, um ein vielversprechendes, noch nicht kotiertes Unternehmen zu finden, welches sie mit der Mantelgesellschaft fusionieren und so an die Börse bringen.
Kostspieliger Vergleich nach Sammelklage
In zwei Fällen haben verärgerte Anleger im Nachgang zu Kleins Spac-Deals Sammelklagen eingereicht. Eine davon scheiterte vor Gericht.
Im Fall des Gesundheitsdienstleisters Multiplan allerdings führten die Investoren in der Klageschrift Klein selbst, seinen Bruder und sein Unternehmen sowie weitere Beteiligte als Beklagte auf. Ein Jahr später einigten sich der Investmentbanker und die Sammelkläger auf einen kostspieligen Vergleich in der Höhe von rund 34 Millionen Dollar, den ein Gericht im Gliedstaat Delaware am kommenden 28. Februar formell gutheissen dürfte.
Die Sammelkläger hatten Klein und den anderen Beklagten vorgeworfen, beim Spac-Deal mit Multiplan ihr eigenes finanzielles Interesse über die Interessen der Investoren gestellt zu haben.
Klein und seine Mitstreiter hätten die Transaktion ohne die nötige Sorgfalt durchgeboxt, heisst es in der Klageschrift. Klein habe den Vorstand der Mantelgesellschaft mit von ihm finanziell abhängigen Gefolgsleuten besetzt, und er habe sich den Deal mit einem 30-Millionen-Honorar für seine Beratungsgesellschaft vergoldet.
Er habe es auch verpasst, darüber zu informieren, dass Multiplan bald seinen wichtigsten Kunden verlieren könnte, und letztlich nur ein Interesse verfolgt: Multiplan an die Börse zu bringen, um einen garantierten Gewinn von Hunderten Millionen Dollar über ihre fast gratis erworbenen Gründeraktien zu erzielen, auch wenn der Aktienkurs nach der Transaktion einbrechen sollte.
Klein bezeichnete die Vorwürfe als durchwegs unwahr, die Abklärungen im Vorfeld des Börsengangs seien mit der nötigen Sorgfalt erfolgt. Den Bericht eines Leerverkäufers, der über einen möglichen Absprung von Multiplans wichtigstem Kunden spekulierte, sei voller «unfundierter» Behauptungen, sagte er in einem Interview mit einem Branchenportal. Eine Person aus dem Umfeld Kleins betont zudem, gegen den entsprechenden Leerverkäufer laufe eine Untersuchung des amerikanischen Justizministeriums wegen Marktmanipulation.
Die Multiplan-Klage hat bis zur Einigung auf den Vergleich im vergangenen November viel Aufsehen in der Finanzbranche und in spezialisierten Anwaltskanzleien auf sich gezogen. Viele der aufgebrachten Punkte, auch im Zusammenhang mit möglichen Interessenkonflikten, wären das erste Mal gerichtlich geklärt worden.
Klein hat nun also den juristischen Ballast aus der Vergangenheit abgeworfen – weitere Sammelklagen scheinen jedoch nicht ausgeschlossen, im Internet kursieren verschiedene Aufrufe von amerikanischen Anwaltskanzleien im Zusammenhang mit seinen Spac-Transaktionen.
CS-CEO Körner setzt ganz auf Michael Klein
Nun fokussiert sich Klein auf das, was er am besten kann: Investorengelder einsammeln für die neue Investmentbank CS First Boston. Laut Medienberichten sollen der saudiarabische Staatsfonds und die CS-Grossaktionärin Saudi National Bank an einer Beteiligung interessiert sein.
Der CS-CEO Ulrich Körner zeigt sich vor diesem Hintergrund über die Kritik an seinem neuen Starbanker unbeeindruckt: Der Deal mit Klein bereite ihm «null Sorgen», sagte er kürzlich in einem Interview mit dem amerikanischen Fernsehsender CNBC. Alles laufe auf professionellste Weise ab. «Ich freue mich sehr auf Michaels Antritt, denn Michael ist ein hervorragender Banker, ein hervorragender Geschäftsmann, und er ist sehr unternehmerisch veranlagt, und deshalb möchte ich gemeinsam mit ihm auf eine Reise gehen. Ich bin also sehr positiv gestimmt.»
Author: Brian Rios
Last Updated: 1702504322
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